Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Mitglieder der Bezirksversammlung, liebe Bürger!
„Pflegen kann jeder“, wurde der ehemalige Minister Blüm (CDU) zitiert. Das ist schon weit über 20 Jahre her. Aber schon damals war bekannt, dass die hohen Anforderungen im gerontologischen und geriatrischen Bereich mit einem guten Herzen und einer ruhigen Hand nicht so einfach bewältigt werden können.
Pflegende Angehörige sehen sich oftmals mit zahlreichen Belastungen sowie negativen Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit konfrontiert. Mehr als die Hälfte geht neben der häuslichen Pflege zudem Erwerbstätigkeiten nach. Diese Doppelbelastung ist ein zentrales Thema der heutigen Gesellschaft.
Der Pflegenotstand wurde schon vor Corona beklagt. Es fehlen Fachkräfte an allen Ecken und Enden. Das ist noch durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht massiv verstärkt worden. Das bedeutet BERUFSVERBOT. Viele Beschäftigte haben aus diesen Gründen im Vorfeld selbst gekündigt und fehlen nun für die Versorgung der Pflegebedürftigen.
Etwa sechs Wochen sind ist seit der Einführung der Impfpflicht für das Pflegepersonal vergangen. Die rotgelbgrüne Bundesregierung hat es in dieser kurzen Zeit geschafft, bundesweit fast 100.000 Pflegekräfte aus ihren Berufen zu vertreiben. Im gleichen Atemzug werden dann die fehlenden Fachkräfte und die Überlastung des Gesundheitssystems beklagt.
Bereits vor vier Jahren erkannte die Barmer Krankenkasse, dass 185.000 Pflegepersonen, die Angehörige zu Hause pflegen, ihren Dienst einstellen wollen. Deutschlands größter Pflegedienst ist erschöpft – so hieß es schon vorausschauend.
Etwa 4,7 Mio. Menschen pflegen regelmäßig eine pflegebedürftige Person. Dabei sind viele zusätzlich berufstätig. Die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege bereitet den Menschen große Schwierigkeiten, und nur wenige sind in der Lage, diese Berufstätigkeit bei gleichzeitiger Übernahme der Pflege ohne Einschränkung weiterzuführen. Ein Großteil der Pflegebedürftigen von ca. 1,4 Mio. wird ausschließlich von Angehörigen betreut und versorgt. Seit Jahren steigt die Zahl der pflegebedürftigen Menschen kontinuierlich an. Und denken Sie noch an die Zustände in den Pflegeheimen in der Hochphase der Corona-Maßnahmen. Komplette Isolation der Heimbewohner ohne Kontakt zu Verwandten.
Und nicht zu vergessen: die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland ist nach wie vor durch Schrumpfung und Alterung geprägt.
Die Tatsache, dass etwa 70 % der Pflegebedürftigen im häuslichen Bereich im Wesentlichen mit Unterstützung der Familie gepflegt wird, sorgt für eine millionenschwere Entlastung der Sozialkassen der Stadt.
Pflegende Angehörige leisten für unsere Stadt und unsere gesamte Gesellschaft aber auch für jede einzelne pflegebedürftige Person unerlässliche und wertvolle Arbeit. Ihnen gebührt außerordentlicher Respekt und Dank für ihren unermüdlichen Einsatz bei der Versorgung von pflegebedürftigen und kranken Menschen.
Mehr gesellschaftliche Wertschätzung für pflegende Angehörige ist das Mindeste, worauf man sich einigen muss! Anerkennung statt Bedauern – das ist das Gebot der Stunde.
Wir dürfen als Gesellschaft niemals der Eindruck entstehen lassen, Pflege durch Angehörige sei dazu da, zuallererst nur die Sozialkassen zu entlasten. Es ist eine sittliche Verpflichtung.
Es hat einen eigenen Wert, wenn Menschen ihren Beruf oder anderes privates Engagement zurückstellen, um einem pflegebedürftigen Angehörigen beizustehen. Trotzdem wird ihre Leistung von der Öffentlichkeit nicht ausreichend wahrgenommen.
Ich begann mit Norbert Blüm und ich möchte meine Rede auch mit Norbert Blüm abschließen: „Die Rente ist sicher!“. Auch hier hat die Realität die „blümigen“ Worte bereits eingeholt, als sie noch nicht ganz ausgesprochen waren. Über 16 Jahre CDU-Regierung und auch die Rente für die pflegenden Angehörigen gibt es so gut wie gar nicht. Die monatliche Rente für ein Jahr Pflege beträgt je nach Aufwand und Grad derzeit etwa 6,50 bis zu knapp 35 Euro. Das ist so gut wie nichts.
Diese und andere Tatsachen gilt es ans Tageslicht zu bringen. Pflege kann nur gut gehen, wenn es den Pflegenden selbst gut geht. Jeder soll gut darüber informiert sein und deshalb stimmen wir dem Antrag gerne zu.
Danke.