Das Bauland wird knapp, das Hamburger Grün ist seit Juni unter Schutz gestellt und der Ausbau des Radverkehrs frisst Flächen. Wo und wie kann der Senat also das Ziel von 10.000 Wohnungen pro Jahr im gerade erst verlängerten Vertrag für das Wohnen in Hamburg noch umsetzen?
Nördlich der Elbe stehen kaum noch Flächen zur Verfügung, Neueste Planungen in Jenfeld sehen bereits Gebäude mit 12 und mehr Stockwerken vor. Die Bebauungspläne umzusetzen ist eine zeit- und personalaufwendige Angelegenheit. Von der ersten Präsentation bis zur Schlüsselübergabe können 5 oder mehr Jahre ins Land ziehen. Dazu kommt, dass die Fachämter chronisch unterbesetzt sind. Mehr Planung gleichzeitig zu betreuen ist von den meisten personell nicht umsetzbar. Neue Planstellen in den Ämtern werden nur geschaffen, wenn es sich um Prestigeprojekte für Wähler der Grünen handelt, wie die Umsetzung eines eigenen Klimakonzepts für Wandsbek; Stellen, die nach einem Jahr des Projekts teilweise immer noch nicht besetzt sind.
Bebauungspläne können jede Einzelheit eines Bauvorhabens vorschreiben, meistens wird allerdings nur geprüft, ob die bestehenden Regelungen der HBO (Hamburger Bauordnung), die Flächennutzungspläne und die Bebauungspläne eingehalten werden. Damit ist die Verwaltung voll und ganz ausgelastet. Bebauungspläne geben hierbei vor, ob ein Wohngebäude oder eine Fabrik entstehen kann, wie viele Stockwerke das Gebäude haben darf und wie das Dach auszusehen hat und wie viel Fläche für Spielplätze und Grünfläche zur Verfügung gestellt werden muss.
Der Wohnungswirtschaft sind die Bearbeitungszeiten schon lange ein Dorn im Auge. Wie also kann man die Zeiten verkürzen?
- Der Hamburger Senat beschließt den Wohnungsnotstand,
- Die Vertreter der Wohnungsbauwirtschaft gestalten mit der Bundesregierung ein „Baulandmobilisierungsgesetz“ aus, dass die Möglichkeiten erleichtert, bei angespannten Wohnungsmärkten Wohnungen zu kreieren,
- Der Hamburger Senat beschließt, ganz Hamburg zu einem „Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt“ zu erklären.
Welche Möglichkeiten bietet und welche Gefahren beinhaltet das Gesetz?
- Die maximale Obergrenze von Geschosszahlen wird zu einer Richtlinie!
- Der Ausbau von Dachgeschossen wird leichter!
- Die Überschreitung von Baugrenzen wird erleichtert!
- Die Fassadengestaltung und Flächenaufteilung eines Grundstücks werden aufgeweicht!
- Wohnungen können nun auch in Gewerbegebieten entstehen!
Die Möglichkeiten sind enorm. Viele Laien können sich darunter aber kaum etwas vorstellen, die bauinteressierten Bürger und die Vertreter der Wohnungswirtschaft können die Möglichkeiten kaum abzusehen. Allerdings: Die Zeit einen Antrag nach der Anordnung eines „Gebiets mit angespanntem Wohnungsmarkt“ einzureichen ist begrenzt. Knapp vier Jahre sind dafür vom Gesetzgeber vorgesehen. Die Überlastung der Fachämter wird dadurch sicherlich nicht geringer.
Am ehesten verständlich ist noch die Erhöhung von Geschossen über den Bebauungsplan hinaus. Wer heute in einer Siedlung oder einem Gebiet mit Einzelhausbebauung wohnt, könnte im Rahmen dieses Gesetzes und der Verordnung Hamburgs zukünftig zwischen Hochhäusern wohnen – zugespitzt ausgedrückt.
Die Gestaltung der Dachgeschosse und Ausbauten derselben wird von vielen noch am wenigsten als ungewöhnlich erachtet werden. Dennoch sitzt auch hier der Teufel im Detail. Wo früher Spitzdächer das Erscheinungsbild einer Siedlung prägten, könnten demnächst eine Vielzahl unterschiedlichster Dächer das Stadtbild prägen.
Überschreitung der Baugrenzen bedeutet für den Bürger, dass der Nachbar plötzlich ein viel größeres Haus bauen darf als er selbst es vor vielen Jahren durfte. Neid und Missgunst werden somit politisch gefördert und entzweien im schlimmsten Fall über Jahrzehnte gewachsene Nachbarschaften.
Zudem wird die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentum deutlich erschwert. Das dürfte viele Immobilienbesitzer mit einer geringen Anzahl von Mietwohnungen frustrieren. Der Verkauf ihrer Wohnungen wird erschwert, ohne für die Personengruppe einen anderweitigen Ausgleich zu schaffen. Wohnungsunternehmen sind hiervon in weitaus geringerem Maß betroffen, da diese von vornherein oftmals direkt Eigentum bauen und die Umwandlung der Mietwohnungen in Eigentum einen wesentlich geringeren Anteil ihres Geschäftsmodells ausmacht.
Die AfD-Fraktion wird sich in den Ausschüssen auch weiterhin gegen solche einschneidenden Maßnahmen aussprechen.